Heimliche Aufnahmen
Eine Gesetzeslücke sorgt für Diskussion
02.09.2025
Eine junge Frau joggt durch Köln, als sie bemerkt, dass sie von einem Mann mit dem Smartphone gefilmt wird. Die Aufnahmen zeigen ihr Gesäß – ohne ihr Wissen oder Einverständnis. Die Betroffene, Yanni Gentsch, konfrontiert den Mann, hält die Situation selbst auf Video fest und teilt die Szene anschließend online. Ihr Ziel: Aufmerksamkeit für ein Problem, das viele betrifft und rechtlich bislang kaum geahndet wird.
Der Fall zeigt, wie verletzend Grenzüberschreitungen sein können – selbst dann, wenn sie im öffentlichen Raum geschehen. Und er macht deutlich: Die bestehenden Gesetze greifen bislang nicht in allen Fällen. Zwar ist das sogenannte „Upskirting“, also das heimliche Filmen unter Röcke oder in den Intimbereich, seit 2021 strafbar. Doch Aufnahmen von bekleideten Körpern – wie in diesem Fall – fallen bisher oft durch das Raster. Ein strafrechtlicher Schutz besteht nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, etwa eine eindeutig sexuelle Absicht oder eine Verletzung der Intimsphäre.
Genau das will Yanni Gentsch ändern. Mit einer Petition fordert sie, dass auch solche Aufnahmen künftig strafbar werden. Über 80.000 Menschen unterstützen sie bereits. Auch die Politik hat reagiert: In Nordrhein-Westfalen soll das Thema auf der Justizministerkonferenz diskutiert werden. Der Fall hat damit eine gesellschaftliche Diskussion angestoßen, die weit über Einzelfälle hinausgeht.
Denn hinter der juristischen Lücke steht eine größere Frage: Wie selbstverständlich dürfen Menschen – vor allem Frauen – sich im öffentlichen Raum bewegen, ohne gefilmt, bewertet oder sexualisiert zu werden? Wann wird Beobachtung zur Belästigung? Und warum ist das Recht auf Privatsphäre, online wie offline, immer noch verhandelbar?
„Hass streichen“ steht für Respekt und Grenzen. Denn Achtung beginnt nicht erst im Netz. Sie beginnt im Alltag. Und sie endet dort, wo jemand meint, das Recht auf die Würde anderer ignorieren zu dürfen.